Der Aufsichtsrat der Moser Holding AG („MoHo“) werde neu besetzt, vermeldete das MoHo-Flaggschiff Tiroler Tageszeitung („TT“) am 10. Jänner 2017 auf seiner Kultur- und Medienseite. Gemäß einem Branchenranking aus dem Jahr 2015 rangiert die MoHo hinter dem ORF, der Mediaprint, der Styria Media Group, Sky Österreich, Pro7-Sat1-Puls4 und Russ Media an siebenter Stelle der rotweißroten Medienkonzerne.

Über die Offenlegung des Faktums hinaus, wonach nach dem (Suizid-) Tod des vormaligen Aufsichtsratspräsidenten und Schweizer Anwalts Ernst Buob im Vorjahr nunmehr der Innsbrucker Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Mag. Wilfried Stauder den MoHo-Aufsichtsratsvorsitz übernehmen werde, verdienen einige in der TT nicht publizierte Hintergründe Aufmerksamkeit, zumal abzuwarten sein wird, inwieweit künftig Einflussnahmen von außerhalb Tirols auf den 1400 Mitarbeiter beschäftigenden, zu den „führenden Medienunternehmen Österreichs“ zählenden Konzern durchschlagen werden.

Der 1963 in Schwaz geborene Wilfried Stauder ist nämlich nicht nur ÖVP-Abgeordneter und Finanzbereichs-Sprecher im Tiroler Landtag (seit 2008) sowie Lektor am Management Center Innsbruck, sondern auch Gesellschafter und Geschäftsführer bei „Moore Stephens“. Dieses 1907 gegründete, weltweit tätige Netzwerk von Wirtschaftsprüfern und Beratern, dessen Mitgliedsunternehmen rechtlich eigenständige Partnerunternehmen der Moore Stephens International Limited („MSIL“) mit Sitz in London sind, lag im Vorjahr mit einem jährlichen Honorarvolumen von 2,66 Milliarden US-Dollar auf Platz 11 der weltweit tätigen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. Für Moore Stephens sind weltweit 27.613 Partner und Mitarbeiter tätig. Das Netzwerk besteht aus 300 Partnerkanzleien mit 657 Büros in 106 Ländern. Die Mitgliedsunternehmen bieten Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechnungswesen, Unternehmens-, Vermögens-, IT- und Rechtsberatung sowie Corporate finance an. Die Mitglieder von Moore Stephens Austria haben über 380 Angestellte, davon mehr als 90 Berufsträger (Wirtschaftsprüfer und Steuerberater). Das Netzwerk besteht aus 13 Partnerkanzleien in 30 österreichischen Städten und ist in sieben der neun österreichischen Bundesländer vertreten. Wikipedia listet Moore Stephens in der Kategorie „Unternehmen (City of London“).

Die City of London , einer der größten Finanzplätze der Welt, ist historisch bedingt mit besonderen, eigentlich heute durch nichts mehr zu rechtfertigenden (Finanz-)Privilegien ausgestattet. Unter anderem hat der jeweilige britische Monarch beim Betreten der City of London ein extra Gesuch einzureichen. Der Ökonom und Philosoph Prof. DDr. Wolfgang Berger bezeichnet dieses 2,9 Quadratkilometer große Fleckchen als mächtigsten Staat der Erde. Britische Gesetze greifen in der City nicht, die City of London Corporation hat eine eigene Staatlichkeit, eigene Gesetze und überwacht sich selbst. Ihre Manager handeln mit Wertpapieren und Devisen über alle Grenzen hinweg, aber kein Gericht kann sie belangen und keine Regierung ihre Geschäfte kontrollieren.

Als MoHo-Aufsichtsratsmitglied scheint auch der Schweizer Verleger Hans-Heinrich Coninx, Jahrgang 1945, auf, der nicht nur als Vorsitzender der Geschäftsleitung und Verwaltungsratspräsident die Tamedia AG maßgeblich prägte, sondern auch seit 2009 Verwaltungsrats-Mitglied der Rothschild-Bank ist. Coninx war zeitweise auch Präsident des Verlegerverbandes Schweizer Presse und fungiert als Verwaltungsratspräsident der Schweizerischen Depeschenagentur („SDA“).

Die 1893 gegründete Tamedia (im Firmennamen steckt der Name des Flaggschiffes „Tagesanzeiger“) ist die größte private Mediengruppe in der Schweiz und beschäftigt rund 3.400 Mitarbeitende in der Eidgenossenschaft sowie in Dänemark, Luxemburg und Deutschland. Die Gründerfamilie Coninx hält die Mehrheit. Neben dem Tages-Anzeiger verlegt das Medienhaus unter anderem die Medien „20 Minuten“, „24 heures“, „Berner Bär“, „Berner Zeitung“, „Der Bund“, „Landbote“, „Finanz und Wirtschaft“, „Le Matin“, „Metroxpress“ „SonntagsZeitung“, „Tagblatt der Stadt Zürich“, „Zürichsee Zeitung“ und „Annabelle“. Dazu kommen noch zahlreiche Branchenbeteiligungen, elektronische Medien und Online-Plattformen. Außerhalb des Mediengeschäfts hält die Tamedia beispielsweise 20 Prozent des Hypothekenanbieters „Moneypark“. Als Tamedia 2015 die Absicht zur Übernahme der Internetauktionshaus-Gruppe „ricardo“ (ricardo.ch AG) vom südafrikanischen Medienkonzern Naspers zu einem Preis von 240 Mio. Schweizer Franken bekundete, genehmigte die Wettbewerbskommission die Übernahme. Seit 2013 hält die Tamedia auch 75 Prozent des zweitgrößten Schweizer Ticketvermarkters „Starticket“ mit der Option, bis 2018 von Peter Hürlimann und dem Managementteam weitere Aktien zu übernehmen.

Der St. Galler Rechts- und Wirtschaftsanwalt Dr. Ernst Buob (bevorzugte Arbeitsgebiete: Unternehmenstransaktionen und Nachfolgeregelungen) war von Moser-Holding-Verlagsgründer Joseph Stephan Moser noch in dessen Todesjahr 1993 als sein persönlicher Vertrauter in den Aufsichtsrat berufen worden und hatte 2003 für 13 Jahre den Aufsichtsratsvorsitz übernommen. Buob hat, wie die TT im Nachruf formulierte, „die Entwicklung der Moser Holding hin zu einem innovativen und österreichweit agierenden Medienunternehmen stets unterstützt und gefördert.“ Buob, der als begeisterter Alpinist vor Jahren einen Gletscherspaltensturz nur knapp überlebt und sich 2016 – dem Vernehmen nach wegen der gesundheitlichen Spätfolgen des Sturzes – das Leben genommen hatte, pflegte die Aufsichtsratssitzungen von „Tiroler Tageszeitung“ und „Telesystem Tirol“, zu denen er aus der Schweiz nach Innsbruck mit dem Pkw anreiste, aus zeitökonomischen Gründen immer an zwei aufeinanderfolgende Tage zu legen.

Laut MoHo-Eigenmeldung sollte die formale Bestellung Stauders noch im Jänner 2017 erfolgen. Gleichzeitig sollte der erst vor einem Jahr zum Vorstandsvorsitzenden der Bank für Tirol und Vorarlberg (BTV) avancierte Gerhard Burtscher zum stellvertretenden MoHo-Aufsichtsratsvorsitzenden bestellt werden. Eine offizielle Bestätigung der Umsetzung dieser Ankündigungen ist bis heute (2017-03-06) nicht erfolgt, zumindest nicht online in den „Moser Holding News“ *. Die BTV hält derzeit 24,99 Prozent an der MoHo. Zuvor war die Raiffeisenbank Oberösterreich aus einer eher glücklosen MoHo-Beteiligung ausgestiegen. Burtscher hatte übrigens vor einem Jahr auch den Aufsichtsratsvorsitz der Silvretta Montafon GmbH übernommen.

Im MoHo-Aufsichtsrat werden künftig zudem neben dem 56jährigen Vorarlberger Verleger Eugen Russ als weiterem stellvertretenden Vorsitzenden auch noch zwei der Gründungsherausgebersöhne, Ivo Moser und Stephan Moser, sitzen. Nicht im Aufsichtsrat sitzen werden demnach die Gründungsherausgebersöhne Peter Moser und Hubert Moser. Mosers fünfter Sohn Oswald, Aktionär der MoHo, war im Vorjahr im Alter von 69 Jahren verstorben.