Die Unterstützer und andere Gedanken - ein Sittenbild

Am Sonntagabend dürfte das Warten auf den neuen Bundespräsidenten aller Wahrscheinlichkeit nach zu Ende sein. Unabhängig davon, wer denn nun als erster Mann im Staate in die Hofburg einzieht, diese Präsidentschaftswahl steht symbolisch für das Ende einer Epoche, unabhängig von ihrem Ausgang. Und damit sind nicht nur die beiden ehemaligen Großparteien gemeint, die zum ersten Mal in der Geschichte der 1. und 2. Republik nicht den Bundespräsidenten stellen.

Wir erleben das Aufbäumen eines über Jahrzehnte gewachsenen Politkartells, sowohl im kleinen österreichischen, als auch im größeren, zumindest EU-europäischen Rahmen, man denke nur an das Referendum in Italien. Es darf gewählt werden, ja, aber es hat den Anschein, nur so lange, wie die Auswahl dem jeweils herrschenden Establishment genehm ist. Stellt hingegen ein Kandidat das aktuelle Glaubensbekenntnis bestehend aus alternativloser €/EU-Zentralisierung, Multikulti und US-Vasallentreue in Frage, wird er als Populist, Nationalist, rechts(extrem), fremdenfeindlich und gaaaanz wichtig – islamophob stigmatisiert. Dass man unter Phobien Angststörungen versteht, dürfte den Wortschöpfern entgangen sein. Der Sinngehalt dieses Begriffs wird deutlich, wenn man die Gegenprobe macht, etwa katholiphob.

Zurück zu den Niederungen der österreichischen Politik. Nach der Abwahl von SPÖVP und ihrer Kandidaten sowie der kurzzeitigen Schockstarre bei den Vertretern der ehemaligen Großparteien macht sich vielerorts Panik breit und die Reihen werden geschlossen. Meinungsforscher bekommen Druck von den Regierungsspitzen und die Mainstreammedien erinnern in ihrer propagandistischen Gleichförmigkeit an DDR-Zeiten. Folgsam bemüht sich der Mainstream, große Teile der Bevölkerung von ihrer falschen Überzeugung abzubringen und sie auf den rechten, nein, richtigen Weg zu führen. Berichterstattung war gestern, zumindest theoretisch, heute leistet man mediale Erziehungsarbeit. Mit eher bescheidenem Erfolg, zumindest in den USA. Immer größere Bevölkerungsgruppen, mitunter auch Pöbel genannt, wollen sich nicht mehr „erziehen“ lassen und wählen wie es ihnen passt. Bleibt als letztes Aufgebot der Erziehung die Vorbildwirkung der Unterstützer. Ganz nach dem Motto: Wenn der Pöbel sieht, wer denn aller den Kandidaten X unterstützt, dann wird er Zweifel bekommen, vielleicht auch ein wenig Angst vor seiner eigenen Courage und statt dem Y doch noch den X wählen.

Ob diese Taktik im Falle Van der Bellens aufgeht, darf bezweifelt werden. Es scheint, als ob der gemeine Staatsbürger, in der Verfassung Souverän genannt, zunehmend stur auf seinem Recht auf eine eigene Meinung beharrt und der breiten Allianz aus meist ausgemusterten Politgrößen aller Schattierungen mit Ablehnung begegnet. Ob diese Ablehnung an den jeweiligen Personen liegt oder deren regenbogenartigem Charakter, dürfte unerheblich sein. Allein schon die Masse der Unterstützer, vom „Asphaltkönig“ H.P. Haselsteiner bis zum Montag-Dienstag Bürgermeister Michael Häupl, macht´s. Es entsteht ein Bild David gegen Goliath und wie es scheint, dürfte die „jetzt erst recht“ Stimmung (wieder) überwiegen. Das politische Gedächtnis ist offensichtlich kurz. Aber wer weiß, vielleicht findet Othmar Karas am Sonntag ein wenig Zeit, um in den Annalen der Familie zu blättern.

Der Kandidat Van der Bellen selbst beziehungsweise seine Wahlkampfstrategen dürften es in ihrer Erziehungs- oder wie manche meinen, Anbiederungsarbeit ebenfalls übertrieben haben, trotz aller technischer Finesse. Ein 68er-Spätlese-rot-grün-unabhängiger-EUdSSR-gläubiger Kandidat, der plötzlich die Liebe zur Heimat entdeckt, wirkt zu dick aufgetragen, selbst oder vielleicht gerade mit Hund und Fendrichs´ Schmachtfetzen „I am from Austria“.

Anders der ewige Rebell, selbsternannte Patriot und Verteidiger des keinen Mannes, die FPÖ in der Person des Norbert Hofer. Dank des massiven Drucks von Seiten des Politkartells muss er fast nichts mehr tun - ausgenommen durchhalten - um der Rolle des David gerecht zu werden und die Wahl wahrscheinlich zu gewinnen.

Bleibt noch die Unwägbarkeit der Siegesgewissheit, die Mobilisierung, gerade nach der letzten TV-Konfrontation gestern im ORF. Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel kann ein Lied davon singen. Wenn zu viele von einem Sieg „ihres“ Davids überzeugt sind und zu Hause bleiben, könnte es sich doch noch für den Goliath des Kartells ausgehen. Wir werden sehen.