Ein Nachruf

Es war einmal. So beginnen für gewöhnlich Märchen. Anlässlich der aktuellen Bundespräsidentenwahl scheint mir dieser Satz auch für eine ÖVP-Grabrede passend.

Es war einmal eine Partei, die ihre Wurzeln tief in der christlichen Tradition des Landes verankert hatte und neben aller bewahrenden Konservativität, weitblickend handelte und das Fundament der 2. Republik (mit-) legte. Es war einmal eine Partei, deren prägende Persönlichkeiten bei Bedarf über Parteigrenzen hinweg pragmatisch und mitunter mutig agierten, man denke nur an die Achse Wallnöfer/Kreisky in der Südtirolfrage. Ja, es war einmal. So ändern sich die Zeiten.

Die letzten Mächtigen der Partei hielten lieber in ihren Landespalästen Hof und verliehen der Bezeichnung „Parteifreund“ geradezu lustvoll eine beinahe (?) tödliche Bedeutung. Das Hemd war bekanntlich schon immer näher als der Rock und wenn man im eigenen Bundesland nahezu nach Belieben schalten und walten konnte, waren einem die Niederungen des koalitionären Wiener Parkets keine große Verlockung. Das allgemeine Motto: Sollen sich doch andere darum kümmern, schien zum eigentlichen Parteiprogramm geworden und dementsprechend waren die Erfolge, „bescheiden“.

So bliebt für die Bundespolitik, wenn überhaupt, beim Personal nur noch die zweite Wahl, sofern man dieses nicht ohnehin nach Brüssel weitergereichte. Mit anderen Worten, die ÖVP war über weite Strecken blutleer geworden. Mag sein, dass in Zeiten der Politikverdrossenheit auch andere Parteien über Nachwuchssorgen klagten, aber bei der sich bürgerlich nennenden ÖVP wurden selbst die höchsten Ränge mit, ja, mit Spindelegger, Hahn und Co. besetzt. Dass sich Persönlichkeiten wie Ursula Plassnik und Karlheinz Töchterle in diesem Umfeld nicht unbedingt wohl gefühlt haben dürften und ihren Hut nahmen - verständlich. Übertrieben? Wohl eher nicht, oder hätten Sie dem „Entfesselungskünstler“ Spindelegger die Führung einer Firma oder „Gio“ Hahn die eines Universitätsinstitutes anvertraut? Eben.

Aber es kam wie es kommen musste. Ein Aufbäumen ging durch die Partei und alle Bünde und sonstigen parteiinternen Konglomerate einigten sich - wie gewohnt - auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, Reinhold Mitterlehner. Der als Hoffnungsschimmer und Erneuerer angetretene lebenslange Funktionär „Django“ entpuppte sich schnell als „Platzpatrone“ und ließ sich von der ebenfalls siechen SPÖ wie ein Tanzbär durch die Manege führen, von der Bildung bis zum ORF. So endete mit der Bundespräsidentenwahl 2016 nicht nur die Ära Heinz („Klo“) Fischer, sondern auch jene der ÖVP. Ruhe sie in Frieden.

Postscriptum:
Mag sein, dass der unter „Welpenschutz“ (© Spatzenpostleser) stehende Sebastian Kurz eine Wiederbelebung versuchen wird, doch den christlichen Ahnen der Partei entsprechend, sollte er sich nicht an Wundern versuchen. Derart große werden nur einem zugeschrieben. Aber das ist bekanntlich eine andere, heute fast schon vergessene Geschichte.