Zu der Zeit, als die NATO noch mit der Verteidigung des Bündnisgebietes beschäftigt war, galt eine eiserne Regel: Man arbeitete mit keiner fremden und nicht dem Bündnis angehörenden Regierung zusammen, die ihrerseits Konflikte mit anderen Staaten vor der Brust hatte. Die Streitigkeiten, denen sich fremde Staaten außerhalb des Bündnisses ausgesetzt sahen, sollten unter keinen Umständen die Sicherheitsanforderungen des eigenen Bündnisses berühren und dazu beitragen, in Konflikte hineingezogen zu werden, die auf das gesamte Bündnis durchschlagen konnten. Die Veränderung des NATO-Bündnisses 1999, vom Verteidigungsbündnis zur weltweit agierenden Aggressionsmaschine, schlägt sich nachhaltig darin nieder, dass dieser zentralen Grundsatz der politischen Opportunität und dem amerikanischen Globalherrschaftsanspruch geopfert wurde.
Bei zwei Staaten zeigt sich das in dramatischer Weise: Ukraine und Israel. Beide Staaten sind unterschiedlich zu behandeln, was diese Fragestellung anbetrifft. Im Falle der Ukraine sollte der vom gesamten Westen in unterschiedlicher Weise betriebene Systemwechsel und der Putsch 2014 gegen die legitime ukrainische Regierung zum Ziel haben, die Ukraine in jeder Hinsicht aus jedweder Einflußnahme Moskaus herauszubrechen. Das war den Vereinigten Staaten alleine 5 Milliarden Dollar wert. Stattdessen sollte der Faktor Ukraine als „Faustkeil“ gegen Moskau gekehrt werden. Unvergessen sind die im Westen erschienenen Pressebilder, die amerikanische Söldner auf den Straßen von Städten im Donbass zeigten.
Denen ging es in der Nachfolge zu spalterischen Entscheidungen der Putschregierung in Kiev darum, die notwendigen Flammen für einen Bürgerkrieg zusammenzubekommen. Die NATO hatte sich bereits vorher hinlänglich vom Stabilitätsfaktor zum europäischen Aggressor gewandelt. In den Straßen von Donezk konnte es jetzt optisch verfolgt werden. Über 10 000 Tote in der Ostukraine sind das Ergebnis. Seit der ehemaligen amerikanischen Außenministerin Madelaine Albright und Ihrer Aussage über in Kauf zu nehmende 500 000 tote irakische Kinder ist die Rechenmethode in Washington wohl bekannt. Seither fließen Milliarden Euro aus den Staaten der Europäischen Union in die Ukraine, um nicht nur faschistische Bataillone für den Kampf in der Ostukraine finanziert zu sehen. Washington liefert und liefert Waffen, damit die Flamme des Bürgerkrieges in Ukraine nur nicht verlöscht. Es geht gegen Rußland und da ist wohl jedes Mittel erlaubt.
So ganz ungeschoren kommt Deutschland natürlich nicht davon. Ukrainische Panzereinheiten - ein völliges Undings nach den alten NATO- Standards - üben auf dem Truppenübungsplatz in Grafenwöhr und man hat nicht zu jedem Zeitpunkt den Eindruck, daß dieser Umstand der Bundesregierung geläufig sein könnte. Da die NATO bis nach Südamerika überall die Finger drin hat, ist jeder Konflikt auf dem Globus denkbar, in den wir auf diese Weise und entgegen aller vertraglicher Grundlage im NATO-Vertrag hineingezogen werden können. Selbst dem amerikanischen Präsidenten, Herrn Trump, wurde das in einem Fox-Interview letztlich zu bunt. Er stellte sich auf dem Ohr taub, daß über einen Balkanstaat plötzlich der nächste Weltkrieg losgetreten werden könnte.
Bei Israel ist die Lage noch komplizierter, wie alleine die Betrachtung aller Umstände nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg mehr als deutlich macht. Die Vereinten Nationen stehen am Anfang des modernen Israel, wie auch zeitgleich beim muslimischen Staat Pakistan. Dem Gründungsbeschluß der Vereinten Nationen folgte die mehrfache Aggression arabischer Staaten und eine ausgreifende zusätzliche Landnahme seitens des angegriffenen Staates Israel. Konfliktreicher kann eine Region nicht sein, wie sich das im Nahen Osten zeigt-
Für alle anderen Staaten, die an Frieden und Stabilität in dieser Region interessiert sind oder sein müssen, ist dies jeder Anlaß, Ihre guten Dienste zur Minderung der Spannungen anzubieten. Die Zurückweisung der ertraglichen Vereinbarungen mit Syrien über die von Israel okkupierten Golan-Höhen und eine Rückgabe an Syrien 2011 hat eine neue Qualität in dieser Region deutlich gemacht. Israel nutzte alle seine Möglichkeiten, Einfluß auf die gesamte Landkarte des Nahen und Mittleren Ostens zu nehmen. Israel ist eine durch und durch engagierte Partei in einem Großkonflikt, der den gesamten Globus betreffen könnte, wenn es nicht den russischen Präsidenten Putin und sein strategisches Zusammenwirken mit dem amerikanischen Präsidenten Trump geben würde. Nach den überkommenen Verständnis innerhalb der NATO und nach allen außenpolitischen Kriterien Deutschlands müßte man „die Finger“ von jeder militärischen Zusammenarbeit mit einem Staat lassen, dem nicht nur nachgesagt wird, gegen die Huthis im Jemen involviert zu sein.
Das Gegenteil ist der Fall, wie nicht nur die militärische Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und den israelischen Streitkräften oder Rüstungsbeschaffungen in Israel deutlich machen. Auch die Stationierung der Bundesluftwaffe in Jordanien hat wohl weniger mit dem ehemals potenten IS in Syrien als vermutlich mit der Truppendislozierung gegen den Iran zu tun. Wenn man dann in der internationalen Presse derzeit lesen kann, daß noch im Sommer amerikanische Bomben auf den Iran fallen können oder werden, kennt jeder die Dimension.
Die vom Nahen und Mittleren Osten ausgehende Gefährdung Europas zeigt aber noch ganz andere Komponenten auf, in welcher Weise wir Europäer und damit wir Deutschen in die Konflikte einbezogen werden können. Seit den ersten Taliban wissen wir, daß dieses "Teufelswerk"ohne die nachhaltige Unterstützung amerikanischer und anderer „Freunde“ nicht zu denken gewesen wären. Im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2018 wird die Dimension der Gefährdung alleine für die deutschen Bürgerinnen und Bürger aufgelistet. Eine dramatisch gestiegenen Bedrohung trifft auf eine deutsche Polizei, die im dem Staat von „shareholder value“ regelrecht kaputtgespart worden ist.
In einer solchen Lage ist Hilfe normalerweise nicht fern. Private Sicherheitsfirmen bieten ihre Dienste zunehmend an und sie machen das gerade in dem alpenländischen Dreieck zwischen Bayreuth-Wien und Zürich, also jenen sommer- und winterlichen „Hot Spots“ der Reichen und Schönen. Die rechnen sich durchaus aus, in das Visier der vorgenannten Terroristen zu geraten, eher vielleicht als Menschen in Neukölln. Man spricht bei Kennern dieser Großszene zunehmend darüber, daß hochgeschulte Personen in diesen Sicherheitsfirmen interessante Rollen übernommen haben, während sie zuvor oder noch aktuell dem „Mossad“ genannten Sicherheitsapparat zuzurechnen waren oder noch sind. Das soll unserer Sicherheit dienen? Natürlich bringt es diese Kräfte in die unmittelbare Nähe derjenigen Wohlhabenden, die aus ihren eigenen Gründen Schutz suchen. Aber bedeutet es Schutz, sich in die Hände von Personen zu begeben, die einer nahöstlichen Konfliktpartei verbunden sind oder noch sein könnten?
Nicht nur auf dem Feld der inneren und äußeren Sicherheit muß der aufmerksame Beobachter davon ausgehen, daß uns die Dinge zwischen den Fingern zerrinnen. Bislang konnte man in Bildungsfragen davon ausgehen,
In Duisburger Vororten nun einmal andere Umstände anzutreffen, als in den schicken Vierteln der Freien und Hansestadt Hamburg. In Hamburg dürfte dabei der Hang zur Privatschule ohnehin ausgeprägter sein als in den
Problemzonen der Ruhrgebietsmetropole Duisburg. Für deutsche Eltern wird sich das schon längst geändert haben. In Deutschland hat man jahrzehntelang Diskussionen über den fairen Zugang zu Bildungseinrichtungen geführt. Bildung war erstrebenswert, auch wenn der erste große Schlag gegen das durchaus hochwertige deutsche
Bildungssystem mit der sogenannten „Bologna-Reform“ geführt werden konnte. Heute entscheiden
Einrichtungen eines globalen Großverlages in Westfalen darüber, was von dem ehemals leistungsfähigen deutschen
Bildungssystem noch übrig bleiben kann und die Spezialisierung wird auf die Spitze getrieben.
Sich darüber aufzuregen, dürfte demnächst keinen Sinn mehr machen, wenn man sich in der ganzen Republik
den Zustrom zu den Vorschuleinrichtungen, dann den Schulen und später den Universitäten ansieht. Da stoßen deutsche Kinder und Schüler aus einer absoluten Minderheitenposition auf mehrheitlich auftretende ausländische Mitschüler, denen das Elternhaus nichts mitgegeben hat oder mitgeben will, was auch im entferntesten nach „Bildung“ aussieht. Soll das die Zukunft unserer Kinder sein, für eine überbordende Migrationspolitik den Preis in der Vernichtung Ihrer Lebenschancen zahlen zu müssen? Mit der Bildung ist es wie mit der Sicherheit. wenn der Staat einmal versagt hat, ist der Schaden irreparabel. Die gebotene Hilfe für Menschen, die nicht Bürger des eigenen Staates sind, kann nicht damit erkauft werden, daß die Lebenserwartungen der eigenen jungen Generation zunichte gemacht wird.
Willy Wimmer, Staatssekretär a.D.