Fußball ist ein einfaches Spiel: Zwei Mannschaften mit je elf Spielern rennen einem Ball hinterher und versuchen, diesen mit ihren Füßen möglichst oft ins gegnerische Tor zu befördern. Dieses recht simple Prinzip ist seit Jahrzehnten gleich und macht auch die Attraktivität der Sportart aus. Aber eben, weil sich der Fußball einer so enormen Beliebtheit erfreut, zieht er seine Kreise längst auch außerhalb des grünen Rasens. So lassen etwa die Medien Spieler, Trainer und ganze Clubs hochleben oder bringen sie zu Fall. Die Protagonisten auf dem Platz inszenieren sich ihrerseits dank ihrer Bekanntheit wie angesagte Marken. Auch der Politik kann sich der Fußball nicht entziehen, auch wenn es immer wieder die Behauptung gibt, dass der beliebteste Sport der Welt unpolitisch sei.

 

Präsidenten im Stadion

Dass Staatsoberhäupter bei wichtigen Spielen auf den Tribünen der Fußballstadien zu finden sind, ist nichts Ungewöhnliches. Man denke nur an das Finale der Weltmeisterschaft 2018, als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wie ein gewöhnlicher Fußballfan den Triumph „seiner“ Nationalmannschaft feierte. Auch Kolinda Grabar-Kitarovic, die Staatspräsidentin der unterlegenen Kroaten, und Wladimir Putin, Staatsoberhaupt vom Gastgeberland Russland, verfolgten das Endspiel von der Ehrenloge aus. Angela Merkel hatte es sich vier Jahre zuvor ebenfalls nicht nehmen lassen, der deutschen Nationalelf in Rio de Janeiro vor Ort die Daumen zu drücken. Derartige Auftritte absolvieren Politiker in den seltensten Fällen nur deshalb, weil sie Fans einer Mannschaft sind. Meist steckt auch ein gewisses Kalkül dahinter. Zeigt man sich als begeisterter Stadionbesucher, dann erregt man Aufmerksamkeit und inszeniert sich vor seinem Volk als nahbar – als „Politiker zum Anfassen“ eben. Wenn dann die eigene Nationalelf auch noch siegreich ist, erhöht das den Effekt.

 

Die Kraft der Weltmeisterschaft

Der Fußball kann auf gewisse Weise auch die politische Stimmung in einem Land beeinflussen. Als die deutsche Nationalmannschaft 1954 Weltmeister wurde, trug dies maßgeblich zum Aufschwung des ganzen Landes bei. Deutschland lag wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg noch immer am Boden, der WM-Titel gab dem gebeutelten Volk auf gewisse Weise sein Selbstbewusstsein zurück. Mancher Zeitzeuge geht sogar so weit, zu behaupten, dass die Weltmeisterschaft 1954 einen großen Teil zum deutschen Wirtschaftswunder beigetragen hat. Der Titel von 1990 hatte eine ähnliche Wirkung auf Land und Politik. Gerade hatten sich die beiden deutschen Staaten wiedervereinigt, und in der Nationalmannschaft waren erstmals auch Spieler aus der ehemaligen DDR vertreten. Und auch wenn 2006 kein WM-Pokal heraussprang, war diese Weltmeisterschaft ebenfalls bedeutend für Deutschland. Das Turnier, das als „Sommermärchen“ in die nationale Geschichte eingegangen ist, hat der Welt demonstriert, wie gastfreundlich die Deutschen sind. Betrachtet man dagegen die WM-Gastgeber von 2018 und 2022, dann kann man angesichts der politischen Haltungen beider Länder Bauchschmerzen bekommen. Auf Russland 2018 folgt nämlich 2022 Katar.

 

Fünf Tage Fußballkrieg

Ein Fußballspiel hat sogar schon einmal zu einem Krieg geführt, der sinnigerweise als „Fußballkrieg“ in die Geschichte eingegangen ist. Er ereignete sich im Jahr 1969 und fand zwischen Honduras und El Salvador statt. Die Nationalteams beider Länder trafen am 26. Juni in der WM-Qualifikation aufeinander, und El Salvador gewann nach Verlängerung mit 3:2. Im Anschluss forderten Ausschreitungen sogar Todesopfer, und zwei Tage nach dem Spiel brachen die beiden Länder ihre diplomatischen Beziehungen ab. Selbstverständlich kamen diese dramatischen Ereignisse nicht von ungefähr, sondern hatten länger zurückreichende Ursachen. So waren seit den 1950er-Jahren Hunderttausende von Kleinbauern aus El Salvador nach Honduras ausgewandert und hatten sich auf den Ländereien von Großgrundbesitzern niedergelassen. Im April 1969 forderte die Regierung von Honduras die Migranten dazu auf, binnen eines Monats ihr Land zu verlassen. Das akzeptierte die Regierung von El Salvador nicht, woraufhin die Spannungen auf politischer Ebene zunahmen. Am 14. Juli 1969 griffen Kriegsflugzeuge aus El Salvador Honduras an, das sich der Invasion nicht aus eigener Kraft erwehren konnte. Daher mischte sich die Organisation Amerikanischer Staaten in den Konflikt ein und zwang El Salvador durch die Androhung von Sanktionen dazu, die Angriffe zu beenden. So endete der Fußballkrieg nach nur fünf Tagen. Dennoch wurden rund 2.100 Menschen getötet und 6.000 verletzt. In den nachfolgenden Jahren verließen die Migranten aus El Salvador Honduras und kehrten in ihre Heimat zurück. Erst 1980 unterzeichneten beide Länder einen Friedensvertrag. Übrigens qualifizierte sich El Salvador letztlich für die WM 1970 in Mexiko, schied dort aber punkt- und torlos in der Vorrunde aus.

 

Bilder:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/18/Emmanuel_Macron_shouts_with_euphoria_the_goal_of_France_against_Croatia_in_the_World_Cup_Russia_2018.jpg?uselang=de Emmanuel Macron beim WM-Finale 2018; Russian Presidential Press and Information Office), https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/34/Alenka_Bratu%C5%A1ek_in_Germany_%284%29.jpg (Angela Merkel bekommt von der slowenischen Präsidentin Alenka Bratušek 2013 ein Trikot; UKOM (Nebojša Tejić/STA))

Quellen:

https://www.stern.de/sport/fussball/wm-2018/emmanuel-macron-bei-wm-finale--und-dann-die-faeuste-zum-himmel-8170900.html

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/nach-dem-fall-oezil-die-politik-und-koenig-fussball-zu-viel-naehe-15719582.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Fu%C3%9Fballkrieg